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WEG haftet dem Miteigentümer nicht für eine delegierte Verkehrssicherung

Die in Berlin ansässige Wohnungseigentümergemeinschaft schloss 2014 mit einer Gärtnerei einen Vertrag über verkehrssicherungsrelevante und baumpflegerische Schnittmaßnahmen für die auf dem Grundstück befindlichen Bäume. Nach den vertraglichen Regelungen sollte der Baumbestand jährlich kontrolliert werden. Noch im Januar 2016 führte die Gärtnerei eine entsprechende Kontrolle durch und bestätigte in einem schriftlich abgefassten Bericht den verkehrssicheren Zustand des Baumbestandes. Nur vier Monate später brach ein großer Ast von einer Platane ab und beschädigte ein darunter parkendes Auto einer Miteigentümerin der Wohnungseigentümergemeinschaft. Es entstand ein Sachschaden von rund 6.000 €.

Die Miteigentümerin forderte von der Wohnungseigentümergemeinschaft Schadensersatz. Als diese ablehnte, klagte die Wohnungseigentümerin. Die Wohnungseigentümerin verlor den Rechtsstreit durch alle drei beschrittenen Instanzen hindurch.

Im Urteil vom 13.12.2019 führte der V. Zivilsenat aus, dass noch immer nicht abschließend geklärt sei, wer für die Verletzung einer auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Verkehrssicherungsplicht hafte. Entschieden sei bereits, dass ein nicht zur Wohnungseigentümergemeinschaft gehörender Dritter den teilrechtsfähigen Verband in Anspruch nehmen könne, wenn die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht einen Schaden verursacht habe (vgl. BGH-Urteil vom 13.7.2012, V ZR 94/11 – ZIV 2012, 59, BGH-Urteil vom 8.6.2018, V ZR 125/17- ZIV 2018, 62).

Dies gelte jedoch nicht im Verhältnis zu den Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft. Auch habe die Wohnungseigentümergemeinschaft die Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt, wobei zusätzlich dahinstehen könne, ob diese insoweit eine eigene Pflicht erfülle oder nur die Verpflichtung der Wohnungseigentümer erfülle.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne die Verkehrssicherungspflicht an Dritte delegiert werden. Voraussetzung hierfür sei eine klare Absprache, die eine Ausschaltung von Gefahren sicherstelle.

Erfolge dies, reduziere sich der Pflichtenkreis für den ursprünglich Verkehrssicherungspflichtigen auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht (BGH-Urteil vom 4.6.1996, NJW 1996, 2646). Diese Absprache sei vorliegend durch den mit der Gärtnerei geschlossenen Vertrag erfolgt. Die Rüge der Wohnungseigentümerin, eine einmal jährlich durchgeführte Kontrolle könne nicht genügen, überzeugte den Senat nicht. Hieran könne sich nur eine Haftung für die Wohnungseigentümergemeinschaft knüpfen, wenn sie hätte erkennen müssen, dass eine einmal jährlich erfolgte Kontrolle nicht genügen könne, um die Verkehrssicherung herzustellen. Dafür sei nichts ersichtlich. Diese Beurteilung obliege maßgeblich der beauftragten Gärtnerei.

Eine Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft für ein Verschulden der Gärtnerei nach § 831 BGB (Haftung für den eingeschalteten Verrichtungsgehilfen) lehnte der Senat ab. Der VI. Zivilsenat beim Bundesgerichtshof habe bereits mit Urteil vom 6.11.2012 (VI ZR 174/11) entschieden, dass selbständige Unternehmen nicht als Verrichtungsgehilfen fungieren könnten.

Auch sei die Gärtnerei im Verhältnis zur Wohnungseigentümerin keine Erfüllungsgehilfin (§ 278 BGB). Der teilrechtsfähige Verband erfülle mit der Verkehrssicherung keine rechtliche Verpflichtung gegenüber den Wohnungseigentümern. Der BGH habe bereits mit Urteil vom 8.6.2018 (V ZR 125/17 – ZIV 2018, 62) entschieden, dass der teilrechtsfähige Verband nicht für Pflichtverletzungen von Architekten oder Handwerkern im Verhältnis zu den Wohnungseigentümern hafte. Vielmehr schlössen diese Unternehmen mit dem Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, die eine direkte Haftungsbeziehung zwischen den Wohnungseigentümern und dem beauftragten Unternehmen begründeten. Bei der Gärtnerei verhalte es sich in Bezug auf die baumpflegerischen Maßnahmen entsprechend.

Die Wohnungseigentümerin habe daher möglicherweise einen unmittelbaren Anspruch gegen die Gärtnerei aus dem geschlossenen Baumpflegevertrag (Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter) bzw. aus Deliktsrecht, nicht aber gegen ihre Wohnungseigentümergemeinschaft, V ZR 43/19.