Ein weiteres Urteil des Bundesgerichtshofs zu den mehrheitsfesten Rechten von Wohnungseigentümern rundete die dahingehende Rechtsprechung (BGH-Urteil vom 10.10.2014, V ZR 315/13 – ZIV 2014, 78) des V. Zivilsenates weiter ab. Die Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Amtsgerichtsbezirk Papenburg sah eine Öffnungsklausel vor, wonach diese mit einer Mehrheit von 75% aller Miteigentumsanteile durch Beschluss geändert werden könne.
Die Teilungserklärung sah zudem vor, dass die Eigentümer ihre Wohnung auch an Feriengäste vermieten dürfen. Mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen die Eigentümer in der Eigentümerversammlung vom 29.3.2017 einen Beschluss mit Vermietungseinschränkungen wie folgt: „Die Wohnungen dürfen grundsätzlich nur zu Wohnzwecken genutzt oder zu Wohnzwecken vermietet werden. Die Überlassung an täglich oder wöchentliche wechselnde Feriengäste, vor Ort befristet Tätige oder andere Mieter mit Unterkunftsbedürfnissen von kurzer Dauer ist nicht zulässig. Ausgeschlossen ist ebenfalls eine Nutzung zur Beherbergung von Personen oder als Unterkunft für Beschäftigte gem. Runderlass des Niedersächsischen Ministeriums des Innern vom 17.12.2013 („Werkswohnungen“). Die Überlassung einer Wohnung an Dritte ist der Hausverwaltung anzuzeigen.“
Die Beschlussmängelklage gegen den Beschluss hatte Erfolg, nicht jedoch die Rechtsmittel gegen das amts- und landgerichtliche Urteil. Der BGH begründete die Zurückweisung der Revision im Urteil vom 12.4.2019. Es könne dahinstehen, ob der Beschluss eine ausreichende inhaltliche Bestimmtheit („kurzer Dauer“) vermissen lasse. Der Beschluss habe keine Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 2 WEG zum Gegenstand, sondern sehe die Änderung einer Vereinbarung nach § 15 Abs. 1 WEG vor. Die zulässige Wohnnutzung umfasse auch die Vermietung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste (BGH-Urteil vom 15.1.2010, V ZR 72/09 – ZIV 2010, 10). Der Rückgriff auf diese Rechtsprechung war im gegebenen Fall nicht einmal notwendig, weil die Gemeinschaftsordnung der WEG ausdrücklich eine entsprechende Gestattung enthielt. Die Änderung der Vereinbarung durch Mehrheitsbeschluss bedürfe der formellen Legitimation durch eine Kompetenzzuweisung, die sich entweder aus dem Gesetz oder einer Vereinbarung ergeben könne (BGH-Urteil vom 20.9.2000, V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, BGH-Urteil vom 10.10.2014, V ZR 315/13 – ZIV 2014, 78). Diese formelle Legitimation ergäbe sich aus der Öffnungsklausel der Teilungserklärung. Mit der formellen Legitimation sei aber noch keine materielle Rechtfertigung gegeben. Fundamentale Schranken ergäben sich aus den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 134, 138, 242 BGB und den zum Kernbereich des Wohnungseigentumsrechts zählenden Vorschriften, wozu u.a. unentziehbare und unverzichtbare Individualrechte gehörten.
Daneben gäbe es unentziehbare, aber verzichtbare Mitgliedschaftsrechte. Maßgeblich sei daher, zu welcher Kategorie Vermietungsbeschränkungen zählten. Hierüber bestehe nach der Rechtsprechung keine Einigkeit. Der V. Zivilsenat entschied die Rechtsfrage dahingehend, dass Vermietungsbeschränkungen nur dann durch einen Beschluss geändert werden könnten, wenn die betroffenen Wohnungseigentümer auch der Regelung zugestimmt hätten. Denn zu den unentziehbaren, aber verzichtbaren, d.h. mehrheitsfesten Rechten eines Sondereigentümers gehörte die Zweckbestimmung seines Wohnungs- oder Teileigentums. Sie dürfen nur durch einen auf der Grundlage einer Öffnungsklausel gefassten Mehrheitsbeschlusses und nur mit Zustimmung des jeweils betroffenen Sondereigentümers geändert oder eingeschränkt werden. So könne eine Wohnung nicht ohne den Willen des Sondereigentümers zum Keller umgewandelt werden. Auch die vorgenommenen Vermietungsverbote würden in die Zweckbestimmung des Wohnungseigentums eingreifen. Es führe nämlich zu einer massiven Einschränkung des in § 13 Abs. 1 WEG gewährleisteten Rechts jedes Wohnungseigentümers, mit seiner Wohnung nach Belieben zu verfahren und sie insbesondere zu vermieten.
Die Eigentumsrechte der übrigen Eigentümer würden hierdurch nicht außer Acht gelassen. Die mit der Kurzzeitvermietung einhergehenden, gerügten Störungen wie Überbelegungen, fortwährende Verstöße gegen die Hausordnung oder Lärmbelästigungen durch Feriengäste müssten nicht hingenommen werden. Sie könnten einen Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. WEG begründen (BGH-Urteil vom 15.1.2010, V ZR 72/09 – ZIV 2010, 10).
Schließlich könne der Beschluss auch nicht nach § 139 BGB dahingehend aufrechterhalten werden, dass die Anzeigepflicht der Vermietung einer Wohnung erhalten bleibe. Der Beschluss sei in der Sache insoweit nicht zu beanstanden. Dahinstehen könne allerdings, ob er mit einer einfachen Mehrheit beschlossen werden könne. Die teilweise Aufrechterhaltung dieses Beschlussteils käme nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen der Norm nicht vorlägen. Der nicht nichtige Teil eines Beschlusses könne nur aufrecht erhalten bleiben, wenn davon auszugehen sei, dass nach dem tatsächlichen oder hypothetischen Willen der Eigentümer davon auszugehen sei, dass sie auch nur diesen Teil erhalten haben wollten. Hiervon könne nicht ausgegangen werden, da sie der Überwachung der Einhaltung der Vermietungsbeschränkung dienen sollte, die nichtig sei, Urteil vom 12.4.2019, V ZR 112/18.