Ausgangspunkt des Rechtsstreits war eine große Gewerbeimmobilie, die auf drei benachbarten Flurstücken errichtet worden war. Die Gewerbemieterin mietete in dieser Immobilie ein Ladenlokal mit einer Fläche von rund 1.500 m² sowie eine Lagerfläche an. Im Mietvertrag war vorgesehen, dass die Mietflächen in einem dem Mietvertrag angefügten Grundrissplan farbig eingezeichnet werden. Diese Mietflächen befanden sich auf den Flurstücken 9/18 und 9/19. Die benötigte Warenanlieferung sollte nach den Regelungen des Mietvertrages einheitlich mit anderen Mietern über das benachbarte Flurstück 9/20 erfolgen.
Im Mietvertrag war daneben vereinbart, dass die Mieterin bei Beendigung des befristeten Mietverhältnisses zur Beseitigung der Ein- und Umbauten nicht verpflichtet ist und als Ersatz für den ersparten Aufwand stattdessen an die Vermieterin eine pauschale Entschädigung von 55.000 € zzgl. Mehrwertsteuer (= 65.450 €) zu bezahlen hat.
Ende 2010 wurde über das Vermögen der Vermieterin das Insolvenzverfahren eröffnet. Ende Oktober 2014 veräußerte der Insolvenzverwalter die Immobilie an zwei verschiedene Käuferinnen. Die Flurstücke 9/18 und 9/19 verkaufte er an die eine Erwerberin (1), Flurstück 9/20 (Anlieferung) an eine andere Erwerberin (2).
Die eine Erwerberin (1) kündigte unter Berufung auf das Sonderkündigungsrecht nach § 111 InsO zum 30.9.2015 das Gewerbemietverhältnis und forderte die Mieterin zur Räumung auf. Die Mieterin wies die Kündigung mangels Vorlage einer Originalvollmacht nach § 174 BGB zurück. Mit Schreiben vom 13.3.2015 wiederholte die Vermieterin daraufhin die Kündigung, unter Vorlage eines Handelsregisterauszuges, aus dem sich die Vertretungsmacht der beiden Geschäftsführer ergab. Dieser Kündigung widersprach die Mieterin wiederum, weil nicht auch die andere Erwerberin (2) eine Kündigung ausgesprochen habe. Die beiden Erwerberinnen stimmten sich ab und erklärten mit Schreiben vom 29.6.2015 die Kündigung des Mietverhältnisses zum Ende des Jahres. Die Mieterin räumte vorfristig zum 30.9.2015.
Die Mieterin erhob daraufhin Klage mit dem Antrag festzustellen, dass das Mietverhältnis durch die erklärten Kündigungen nicht beendet worden sei, sondern bis zum Befristungsende am 31.3.2017 laufen würde. Sie beantragte ferner festzustellen, dass die beiden Erwerberinnen alle Schäden zu ersetzen hätten, die ihr durch den vorzeitigen Auszug entstanden sind. Die eine Erwerberin (1) erhob Widerklage mit dem Antrag, ihr die vereinbarte Rückbauentschädigung in Höhe von 65.450 € zu bezahlen.
Das Landgericht Wiesbaden wies die Klage ab und gab der Widerklage statt. Auf die Berufung drehte das Oberlandesgericht Frankfurt/M. das Ergebnis und gab der Klage überwiegend (mit Ausnahme des Schadensersatzes) statt und wies die Widerklage ab.
Das Oberlandesgericht führte aus, dass nur die letzte Kündigung beider Erwerberinnen von rechtlicher Relevanz sein könne. Der Mietgegenstand bestimme sich nicht ausschließlich nach den im Mietvertrag farbig umrandeten Flächen der Flurstücke 9/18 und 9/19.
Der Mieterin sei die Anlieferungsfläche auf dem Flurstück 9/20 zur Mitbenutzung überlassen worden. Auf diese beziehe sich auch die Gebrauchsgewährungspflicht der Vermieterin nach § 535 Abs. 1 BGB. Sie gehöre daher auch zum Mietgegenstand, so dass auch die andere Erwerberin (2) in den Mietvertrag mit der Mieterin nach § 566 BGB eingetreten sei. Eine wirksame Kündigung könne daher nur von beiden Vermieterinnen gemeinsam erklärt werden. Dies sei auch erfolgt. Die Kündigung der beiden Vermieterinnen sei aber nicht in der Frist des § 111 Satz 2 InsO erfolgt und daher unwirksam. Nach Treu und Glauben könnte die Erwerberin (1) keine pauschale Rückbauentschädigung fordern, weil die Kündigung unwirksam gewesen sei.
Der BGH änderte das Urteil des Oberlandesgerichts wiederum ab und stellte weitestgehend das Urteil des Landgerichts wieder her. Der für Gewerberaum zuständige XII. Zivilsenat führte im Urteil vom 4.9.2019 aus, dass nicht die (verspätete) Kündigung vom 29.6.2015, sondern jedenfalls schon die Kündigung vom 13.3.2015 das Mietverhältnis beendet habe. Diese vorangehende Kündigung nur der einen Erwerberin (1) sei fristgerecht (§ 111 InsO, § 580a Abs. 2 BGB) erfolgt. Sie habe das Mietverhältnis allein kündigen können, weil die andere Erwerberin (2) nicht mit in das Mietverhältnis eingetreten sei.
Werde eine Mietsache nach der Überlassung an den Mieter veräußert, trete der Erwerber in die Rechte und Pflichten des Mietverhältnisses ein, § 566 BGB i.V.m. § 578 Abs. 2 BGB. Dabei ergäbe sich der Mietgegenstand im Wege der Auslegung aus den mietvertraglichen Regelungen, §§ 133, 157 BGB. Soweit in einem Gebäude Teilflächen vermietet würden, erstrecke sich das Recht des Mieters zur Benutzung der gemieteten Räume grundsätzlich auch auf das Recht zur Mitbenutzung der Gemeinschaftsflächen des Hauses. Nach den mietvertraglichen Regelungen seien danach nur die farblich eingezeichneten Flächen auf den Flurstücken 9/18 und 9/19 Mietgegenstand, nicht aber auch das Flurstück 9/20, das die Mieterin zusammen mit anderen Mietern nutzen durfte. Für einen Mietvertragseintritt nach § 566 BGB genüge indessen nicht nur ein vertraglich eingeräumter Mitgebrauch. Davon zu trennen sei die Rechtsfolge, dass der Mieterin Gewährleistungsrechte zugestanden hätten, wenn es der Vermieterin (Erwerberin (1)) nicht mehr möglich gewesen wäre, die Mitbenutzung der Anlieferstelle auf dem Flurstück 9/20 sicher zu stellen.
In der Folge stünde der Vermieterin (Erwerberin (1)) auch die vertraglich vereinbarte Rückbauentschädigung zu. Mit der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung lägen die vertraglichen Voraussetzungen vor. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts habe sich maßgeblich auf die Unwirksamkeit der Kündigung gestützt. Der Feststellungsantrag der Schadensersatzansprüche sei unbegründet, weil sich die Vermieterin nicht pflichtwidrig verhalten habe, sondern von ihrem insolvenzrechtlich verbürgten Sonderkündigungsrecht Gebraucht gemacht habe, XII ZR 52/18.