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Grundsatzentscheidung zum Verwaltervertrag

Den BGH hat abermals die Verwalterbestellung beschäftigt. Nachdem er die herrschende Auffassung zur Durchführung der Verwalterwahl im Urteil vom 18.1.2019 (V ZR 324/17 – ZIV 2019, 39) kassiert hatte, nahm er sich nun den Verwaltervertrag mit angrenzenden Rechtsfragen vor. Für die Begründung nahm er sich auch genügend Zeit. Der Tenor wurde bereits am 5.7.2019 verkündet. Online veröffentlicht wurde das Urteil erst am 13.1.2020.

Am 11.9.2015 bestellten die Wohnungseigentümer die Verwalterin „T“ für die Zeit bis zum 31.12.2017 und ermächtigten drei Wohnungseigentümer, den vorliegenden Verwaltervertrag für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu unterzeichnen. Diese Beschlüsse wurden beim AG Bensheim erfolgreich angefochten. Die hiergegen gerichtete Berufung wies das Landgericht Frankfurt/Main zurück.

Das Landgericht erachtete den Beschluss zum Abschluss des Verwaltervertrages als rechtswidrig. Der Vertrag weise zahlreiche rechtswidrige Klauseln auf, die einer AGB-Kontrolle nicht standhielten. So sei die Verwalterin von den Beschränkungen des § 181 BGB (Insichgeschäft) befreit, sie dürfe Sonderfachleute bis zu einem geschätzten Aufwand von 2.000 € ohne Beschluss beauftragen und sie habe im Vertrag zudem die Ermächtigung formuliert, Hausreinigungskräfte einzustellen. Daneben fänden sich im Regelwerk unzulässige Sonderentgelte, etwa ein Entgelt von 20 € für jede Mahnung. Da keine Kostenobergrenze vereinbart sei, verstoße die Regelung gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung. Das gleiche gelte für die Vereinbarung eines Sonderentgelts zur Erhebung einer Sonderumlage in Höhe von 1% der jeweiligen Sonderumlage. Aufgrund des unwirksamen Beschlusses zum Abschluss des Verwaltervertrages sei notwendigerweise auch der Bestellungsbeschluss zu kassieren. Dies folge aus dem Rechtsgedanken des § 139 BGB, wonach die Unwirksamkeit eines Teiles des Rechtsgeschäfts im Zweifel die Unwirksamkeit des gesamten Geschäfts zur Folge habe.

Die Revision gegen das Berufungsurteil hatte Erfolg. Der V. Zivilsenat führt in seinem Urteil vom 5.7.2019 aus, dass mit der erfolgreichen Anfechtung der Beschlüsse die Wirksamkeit des Verwaltervertragsabschlusses durch die Wohnungseigentümer nicht infrage gestellt sei. Das gelte auch für die vom Verwalter vorgenommenen Rechtsgeschäfte. Dieser Fortbestand des rechtsgeschäftlichen Handelns entspringe dem Bedürfnis des Verkehrsschutzes. Ohne ihn könne die Verwaltung der Wohnanlage während eines anhängigen Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit der Bestellung nicht sachgerecht erfolgen. Trotz Rückwirkung der Beschlussaufhebung komme nach § 47 FamFG analog eine Unwirksamkeit von Rechtshandlungen bis zum rechtskräftigen Abschluss nicht infrage. Der Senat erkannte in den beschriebenen Rechtsfehlern des Verwaltervertrages keinen Grund, die Ermächtigung der Wohnungseigentümer den Verwaltervertrag abzuschließen, für unwirksam zu erklären. Der Beschluss sei nicht einmal insoweit für unwirksam zu erklären, als dass er faktisch auch dazu ermächtige, einen Verwaltervertrag mit auszugsweise unwirksamen Klauseln abzuschließen.

Den Wohnungseigentümern stünde bei der Ausgestaltung der zur ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums notwendigen Verträge ein Ermessensspielraum zu. Beim Verwaltervertrag müsse dieser so ausgeübt werden, dass der Verwalter zu allen Leistungen verpflichtet sei, die ihm durch die organschaftliche Bestellung auferlegt würden. Der Inhalt des Verwaltervertrags müsse sich in den Grenzen des Gebotes der Wirtschaftlichkeit und denen der ordnungsmäßigen Verwaltung halten. Diese Grenzen würden nicht überschritten, wenn die Wohnungseigentümer einen vom Verwalter vorformulierten Vertrag – qua Vertreterermächtigung – schlössen, der AGB-widrige Klauseln enthalte.

Eine andere – hiervon zu trennende Frage – sei die teilweise Unwirksamkeit einzelner Be-stimmungen des Verwaltervertrages. Im Rahmen der AGB-Kontrolle liege regelmäßig ein vom Verwalter vorformulierter Vertrag vor, der gegenüber einem Verbraucher (der Wohnungseigentümergemeinschaft, vgl. BGH-Urteil vom 25.3.2015, VIII ZR 243/13 – ZIV 2015, 19) verwendet werde. Entgegen der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur sei die AGB-Konformität des abzuschließenden Verwaltervertrages nicht schon im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des auf den Abschluss des Vertrages gerichteten Beschlusses zu berücksichtigen. Die AGB-Kontrolle finde vielmehr erst nach Abschluss des Vertrages im Rahmen der Anwendung der Vertragsbestimmungen zwischen den Vertragspartnern statt.

Eine AGB-Kontrolle im Rahmen eines Beschlussanfechtungsverfahrens bringe keine rechtlichen Vorteile für die Wohnungseigentümer. Im Gegenteil. Die Wohnungseigentümer wären in aller Regel nicht dazu befähigt, eine Rechtsprüfung vor einer Beschlussfassung durchzuführen. Sie müssten in der Folge vor der Verwalterbestellung rechtlichen Rat einholen, um einen rechtmäßigen Beschluss fassen zu können. Umgekehrt führten einzelne unwirksame Bestimmung des Verwaltervertrages i.d.R. nicht dazu, dass der Vertrag insgesamt unwirksam sei, § 306 BGB.

Auch die Sondervergütungen im Verwaltervertrag seien nicht im Rahmen der Beschlussanfechtung auf ihre Wirksamkeit hin zu prüfen. Die Prüfung beschränke sich auf die Rechtsfrage, ob die Festlegung und Ausgestaltung der Vergütung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspräche. Das sei der Fall, wenn sie nach Höhe und Ausgestaltung dem Gebot der Wirtschaftlichkeit genügten. Dieses Gebot sei nicht schon verletzt, weil die vorgesehene Verwaltervergütung über den üblichen Sätzen liege. Diese Grundsätze würden auch für die im Vertrag vorgesehenen Sonderentgelte anzuwenden sein.

Aus drei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, BGH-Beschluss vom 6.3.1993, BGHZ 122, 327, 332, Beschluss vom 17.11.2011, V ZB 134/11 – ZIV 2012, 20 und Urteil vom 18.2.2011, V ZR 197/10 – ZIV 2011, 7) hätten Rechtsprechung und Literatur den Schluss gezogen, der Verwalter habe ganz allgemein keinen Anspruch auf Sondervergütungen für solche Tätigkeiten, die im Rahmen der ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse lägen (KG Berlin, ZMR 2009, 709, 711, OLG Hamm, NZM 2001, 49, 52, LG Dortmund, ZWE 2017, 96, 98, LG Hanau ZMR 2010, 398, LG München I, ZMR 2012, 578, 579, Jennißen in Jennißen WEG, 6. A., § 26 Rn. 111, Niedenführ/Vandenhouten, WEG 12. A. § 26 Rn. 75, Riecke/ Schmid / Abramenko, WEG, 5. A. § 26 Rn. 132, Spielbauer/Then, WEG, 3. A. § 26 Rn. 43, BeckOGK/Greiner, § 26 WEG Rn. 228 mit weiteren Nachweisen). Diese Ansicht beruht nach Auffassung des Senates auf einem Missverständnis.

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Vereinbarung von Sonderentgelten sei zwischen zwei Vertragstypen grundsätzlich zu differenzieren. Bei dem einen Vertragstypus werde eine Pauschalvergütung vereinbart. Beim anderen setze sich die Vergütung demgegenüber aus verschiedenen Preisbestandteilen oder Teilentgelten (der V. Zivilsenat nennt das: Baukastensystem) zusammen. Bislang habe der Senat nur Verträge mit einer Pauschalvergütung zu prüfen gehabt. Solche Pauschalverträge seien i.d.R. so auszulegen, dass damit alle gesetzlichen Pflichtaufgaben des Verwalters abgedeckt seien. Damit bliebe nur wenig Raum für Sondervergütungen, die daher im Zweifel unzulässig seien.

Der Verwalter habe die Wahl, ob er den Wohnungseigentümern einen Vertrag mit Pauschalvergütung oder einen solchen mit Teilentgelten anbiete. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung begrenzten die Möglichkeiten der Aufspaltung der Verwaltervergütung. Eine solche Vergütungsregelung erfordere eine klare und transparente Abgrenzung derjenigen – gesetzlich geschuldeten oder im Einzelfall vereinbarten – Aufgaben, die von einer vorgesehen Grundvergütung erfasst sein sollen, von denen die gesondert zu vergüten sind. Ferner müsse bei den Aufgaben, die in jeder Wohnungseigentümergemeinschaft laufend anfielen, der tatsächliche Gesamtumfang der Vergütung erkennbar sein. Dieses Erfordernis würde einer Aufteilung der Vergütung für einzelne Tätigkeiten in aller Regel entgegenstehen.

Die Vergütungsregelung im streitgegenständlichen Verwaltervertrag sei nicht zu beanstanden. Neben einer Grundvergütung für die ständig anfallenden Aufgaben des Verwalters seien Sondervergütungen für einzelne, klar abgegrenzte Leistungen vereinbart. Auch gegen die vorgesehene Vergütung für Mahnungen ohne betragsmäßige Obergrenze hatte der Immobilienrechtssenat keine Bedenken. Die Vergütungsregelung ermächtige den Verwalter nicht dazu, einen säumigen Wohnungseigentümer nach eigenem Gutdünken und beliebig oft zu mahnen.

Mit der Wahl eines Verwaltervertrages mit Teilentgelten (Baukastensystem) würden die Wohnungseigentümer ihren Ermessensspielraum nicht schon dann überschreiten, wenn einzelne Teilentgelt die insoweit übliche Vergütung überschritten, sondern erst dann, wenn auch das zu erwartende Gesamtentgelt deutlich über den Sätzen liege und hierfür keine gewichtigen Sachgründe vorlägen.

Schließlich folgte der Senat dem Berufungsgericht nicht in der Ansicht, wonach die Unwirksamkeit des Beschlusses zum Abschluss des Verwaltervertrages auch die Unwirksamkeit des Bestellungsbeschlusses bedinge. Die getrennte Beschlussfassung führe nach § 23 Abs. 4 WEG dazu, dass die Beschlüsse eigenständig zu behandeln seien und in ihrem Bestand nicht vom Schicksal des jeweils anderen Beschlusses abhingen. Die getrennte Beschlussfassung schließe die Anwendung von § 139 BGB (s.o.) aus. Umgekehrt bedeute dies nicht, dass der ein Beschluss völlig unabhängig vom anderen sei. So widerspräche es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn der wirksam bestellte Verwalter auf Dauer ohne Verwaltervertrag bliebe. Jeder Wohnungseigentümer könne deshalb nach § 21 Abs. 3 WEG verlangen, dass der wirksam bestellte Verwalter abberufen werde, wenn es nicht gelänge, mit ihm einen Verwaltervertrag zu schließen.

Der BGH verwies den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung zurück, da der Fall nicht entscheidungsreif sei. So sei dem Einwand nachzugehen, ob die bestellte Verwalterin auch persönlich und fachlich für das Verwalteramt ungeeignet sei, V ZR 278/17.