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Modernisierungsmieterhöhung: Instandsetzungsanteil muss Vermieter darlegen

Der BGH hatte über eine streitige Modernisierungsmieterhöhung zu entscheiden, deren Prozessgeschichte in Düsseldorf seinen Anfang nahm. Die Mieterin bewohnte seit 1997 eine Wohnung mit einem Nettokaltmietzins von 306,83 €. Mit Schreiben vom 30.5.2015 kündigte die Vermieterin verschiedene bauliche Änderungen und eine Erhöhung der Miete nach Abschluss der Arbeiten an. Die Baumaßnahmen wurden 2016 ausgeführt. Dabei wurde u.a. die Beheizung von Gastherme auf Fernwärme umgestellt, es erfolgte die Erneuerung der etwa 60 Jahre alten Haustüre, der ebenso alten Wohnungstüre, der Fenster im Treppenhaus und in der Wohnung, die Neuverlegung der elektrischen Leitungen, der Einbau eine Wechselsprechanlage und die erstmalige Wärmedämmung des Dachs, der Fassade sowie der Kellerdecke. Die Vermieterin forderte eine Erhöhung der Miete um 241,55 €.

Die Mieterin erhob eine (negative) Feststellungsklage mit dem Antrag festzustellen, dass sich ihre Miete durch die Erklärung der Vermieterin nicht über den (bisherigen) Betrag von 306,83 € erhöht habe. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Berufung der Vermieterin hatte teilweise Erfolg. Das Landgericht entschied, dass die Miete ab 1.10.2017 € 494,15 betrage; den vollen Betrag sprach das Gericht nicht zu, weil die Erhöhungserklärung hinsichtlich der Umstellung der Heizung auf Fernwärme formell unzureichend sei. Gleichzeitig lies das Berufungsgericht die Revision zu.
Die Revision hatte Erfolg. Noch zutreffend habe das Berufungsgericht erkannt, so der BGH im Urteil vom 17.6.2020, dass die Mieterhöhungserklärung nicht insgesamt nichtig sei, nur weil ein Teil (Heizungsumstellung) formell fehlerhaft sei.

Nach § 139 BGB führe die Nichtigkeit eines Teiles eines Rechtsgeschäfts, nur dann zur Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts, wenn man annehmen müsse, das Rechtsgeschäft sei ohne den nichtigen Teil nicht vorgenommen worden. Ein solches Rechtsgeschäft könne auch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung wie eine Mieterhöhungserklärung gemäß § 559b Abs. 1 BGB sein. Aufgrund der Einseitigkeit des Rechtsgeschäfts sei bei der Ermittlung dieses hypothetischen Willens nur auf den Vermieter abzustellen. Insoweit könne man annehmen, dass der Vermieter auch in Kenntnis der teilweisen Unwirksamkeit die streitige Mieterhöhungserklärung ausgesprochen hätte.

Unzutreffend sei allerdings die Bewertung des Landgerichts, dass die Vermieterin die Kosten für den Austausch der 60 Jahre alten Bauteile ungekürzt in die Berechnung der Mieterhöhungserklärung einstellen durfte.

Nach einer in der Instanzrechtsprechung und mietrechtlichen Literatur vertretenen Auffassung müsse sich der Vermieter Instandsetzungsanteile nur dann anrechnen lassen, wenn diese Bauteile akut instandsetzungsbedürftig seien. Abgeleitet würde diese Sichtweise aufgrund der Formulierung in § 559 Abs. 2 BGB, wonach Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen „erforderlich gewesen wären“ nicht zu den Modernisierungskosten zählten. Die Auffassung stütze sich unzutreffenderweise auf das BGH-Urteil vom 17.12.2014, VIII ZR 88/13 (ZIV 2015, 2). In der Entscheidung war diese Rechtsfrage überhaupt nicht entscheidungserheblich, so der BGH weiter in seinen Urteilsgründen.

Der VIII. Zivilsenat entschied nunmehr, dass die Abnutzung in der Berechnung zu berücksichtigen sind. Wenn die Modernisierung den Austausch von Bauteilen mit sich bringe, die bereits über einen nicht unerheblichen Zeitraum Ihrer Nutzungsdauer (ab-)genutzt worden seien, spare der Vermieter im erheblichen Umfang (fiktive) Instandsetzungskosten. Diese Kosten seien vom Modernisierungsaufwand abzusetzen. Üblicherweise erfolge dies an Hand einer Schätzung, bei der die übliche Lebensdauer der erneuerten Bauteile und der bereits eingetretene Abnutzungsgrad als Orientierung dienten.

Unzutreffend sei die Behauptung der Mieterin, das Berufungsgericht sei ihren Beweisantritt übergangen, wonach die Treppenhausfenster stark instandsetzungsbedürftig gewesen seien. Nicht die Mieterin trage insoweit die Darlegungs- und Beweislast, sondern die Vermieterin. Fordere ein Vermieter nach §§ 559 Abs. 1, 559b Abs. 1 BGB die Erhöhung der Miete wegen einer Modernisierung der Mietsache, träfe ihn auch die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des gesetzlichen Tatbestandes. Der Vermieter müsse daher darlegen und ggf. beweisen, dass es sich bei den baulichen Maßnahmen um Modernisierungsmaßnahmen handele und nicht um solche der Erhaltung der Mietsache. Das gelte auch dann, wenn die der Mieterhöhung zugrunde gelegten Kosten auch nur teilweise der Erhaltung dienten. An dieser Beweislastverteilung ändere sich auch nichts durch die – im Verhältnis zur Mieterhöhungsklage des Vermieters – umgekehrten Parteirollen der negativen Feststellungsklage. Die Vermieterin habe daher zu beweisen, dass die für die Treppenhausfenster angesetzten Kosten nicht auch nur teilweise der Instandsetzung dienten, sondern vollständig Modernisierungsaufwendungen darstellten, VIII ZR 81/19.