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Zum Nachweis des erteilten Mangelhinweises

Mit notariellem Vertrag vom 24.7.2013 wurde ein Wochenendhaus im Landgerichtsbezirk Mainz unter Ausschluss der Sachmängelgewährleistung verkauft. An das Wochenendhaus angebaut war eine Motorradgarage, die vom Haus aus begehbar war; tatsächlich wurde dieser Raum als Wohnzimmer genutzt. Unter den sonstigen Vereinbarungen war aufgeführt, dass der Grundbesitz in dem Zustand verkauft werde, in dem er sich bei der letzten Besichtigung befunden habe. Daneben erklärten die Verkäufer im Vertrag, dass ihnen keine „unsichtbaren Mängel“ bekannt seien.

Mit Schreiben vom 16.10.2015 schrieb die Bauaufsichtsbehörde die Käufer an und teilte mit, dass die Motorradgarage außerhalb der zulässigerweise überbaubaren Fläche errichtet sei und zudem die für Wochenendhäuser zulässige Fläche von 70m² überschritten werde. Man beabsichtige, den Rückbau der Motorradgarage behördlich zu verfügen.

Die Käufer erklärten die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und forderten die Rückabwicklung des Kaufs sowie Schadensersatz in Höhe von rund 11.000 €. Die Verkäufer lehnten dies ab. Die Klage der Käufer hatte Erfolg. Der Berufung der Verkäufer blieb der Erfolg versagt, so dass sie Revision zum BGH einlegten.

Im Rechtsstreit erklärten die Verkäufer, dass sie die Käufer schon bei der ersten Besichtigung auf die fehlende Genehmigung der Motorradgarage hingewiesen hätten. Der Beweis dieses Umstandes gelang den Verkäufern allerdings nicht. Das Berufungsgericht vertrat zudem die Auffassung, die Unterrichtung werde auch durch die Vertragsurkunde widerlegt, die keinen entsprechenden Hinweis enthalte. Für den Inhalt der Urkunde spreche die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit.

Der BGH sah dies teilweise anders und verwies den Rechtsstreit mit Urteil vom 6.3.2020 zurück an das Oberlandesgericht Koblenz, damit dort die Beweisaufnahme fortgesetzt werden kann. Arglistig handele ein Verkäufer, wenn er das Vorliegen eines Fehlers an der Kaufsache zumindest für möglich halte und gleichzeitig weiß oder damit rechne und billigend in Kauf nehme, dass sein Vertragspartner den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. Urteil vom 14.6.2019, V ZR 73/18 – ZIV 2019, 67). Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Die Verkäufer bestritten nicht die Kenntnis des bauordnungswidrigen Zustandes.

Unzutreffenderweise sei aber das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Verkäufer beweisen müssten, dass sie die Käufer über diesen Mangel aufgeklärt hätten. Werde ein Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten, trage der Käufer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllten (vgl. BGH-Urteil vom 20.10.2000, V ZR 285/99, NJW 2001, 64). Die behauptete, unterlassene Aufklärung sei eine negative Tatsache. Den Käufern käme daher die Erleichterung der sog. Sekundären Darlegungslast zugute. Dabei müssten sie die vom Verkäufer nach Ort, Zeit und Inhalt genau darzustellende Aufklärungshandlung widerlegen. Gelänge ihnen das, sei der Beweis geführt. Die Formulierung im Kaufvertrag, wonach den Verkäufern keine unsichtbaren Mängel bekannt seien, führe nicht zu einer Umkehrung dieser Beweislastanforderung. Das gleiche gelte für die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit von schriftlichen Vertragsurkunden. Die Vermutung bezöge sich nur auf die Wiedergabe der getroffenen Vereinbarungen, nicht auf die von (angeblich) erteilten Informationen (vgl. BGH-Urteil vom 15.6.2011, V ZR 171/10 – ZIV 2011, 56), V ZR 2/19.