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Gerichtliches Sachverständigengutachten für Urkundsprozess ungeeignet

Der Urkundsprozess nach § 592 ZPO ist eine Prozessart, die den Vorteil hat, schnell und unkompliziert einen vollstreckbaren Titel zu schaffen. Der Nachteil besteht darin, dass man diese Prozessart nur wählen kann, wenn man als Kläger alle anspruchsbegründenden Tatsachen durch präsente Urkunden oder Parteieinvernahme erbringen kann. Die Parteieinvernahme läuft in praxi allerdings faktisch leer. Die Einvernahme des Prozessgegners ist zu riskant und die Einvernahme der eigenen Partei bedarf der Zustimmung des Beklagten, die dieser regelmäßig verweigert. Also bleibt es bei den Urkunden.

Das Problem der beschränkt zugelassenen Beweismittel hatte auch der Wohneigentümer in einem Rechtsstreit, der letztinstanzlich beim BGH mit Urteil vom 18.9.2007 entschieden wurde (XI ZR 211/06).

Der Käufer einer Eigentumswohnung leitete gegen den Bauträger der Wohnanlage ein selbständiges Beweisverfahren ein, um Mängel am Gemeinschaftseigentum und an seinem Sondereigentum sowie die voraussichtlichen Kosten der Mangelbeseitigung ermitteln zu lassen. Das Gerichtsgutachten schloss mit der Feststellung diverser Mängel mit einem Beseitigungsaufwand von gut 130.000 €.

Mit diesem Gutachten klagte dann der Wohnungseigentümer im Urkundsprozess gegen den Bauträger auf Zahlung von 130.000 € Kostenvorschuss. Die ersten beiden Instanzen gewann der Wohnungseigentümer; die Revision beim BGH verlor er dagegen.

Wie der IX. Senat ausführt, sei auch in der Rechtsprechung anerkannt, dass die übrigen Beweismittel wie Augenschein, Zeugen oder Sachverständige im Urkundsprozess auch nicht dadurch eingeführt werden können, dass über deren Erklärungen eine Urkunde zur Vorlage beim Gericht erstellt werde. Dies sei nur eine Umgehung der gesetzlichen Beschränkung. Eine Entscheidung darüber, ob dies auch für gerichtliche Protokolle oder gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten gelte, war bisher jedoch höchstrichterlich noch nicht entschieden.

Im Ergebnis erachtet der Senat die vom KG Berlin (JW 1922, 488) geäußerte Rechtsauffassung für vorzugswürdig, wonach schon kein tauglicher Beweisantritt vorliege. Zwar handele sich es sich auch in den genannten Fällen der Umgehung um eine Urkunde. Sie stelle jedoch keine im Urkundenprozess taugliche Urkunde dar, weil sie lediglich den dort nicht zulässigen Sachverständigenbeweis ersetzen solle. Auch die Tatsache, dass die Beklagte an der Errichtung der Urkunde im selbständigen Beweisverfahren beteiligt gewesen sei, soll an dieser Bewertung nichts ändern. Denn auch das Beweisverfahren sei ein Eilverfahren, dass nur eingeschränkte Verteidigungsmöglichkeiten für den Antragsgegner eröffne. So könne dieser nicht wie im nachfolgenden Prozess die mündliche Anhörung des Sachverständigen erwirken.

Mit dieser Begründung wies der BGH die Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft ab. Der Wohnungseigentümer muss nun mit einer normalen Zivilklage vor dem Landgericht wieder von vorne anfangen.